ROBERT SCHOLZ: "Die Kunst im Deutschen Reich",Februar 1944. (gekürzt II) Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzende Verfall der bildenden Künste nahm seinen Ausgangspunkt in einem Verfall des zeichnerischen Könnens. Hatte die zeichnerische Auseinandersetzung mit der Natur noch im 19. Jahrhundert der Kunst den sicheren Halt einer geistigen und formalen Disziplin gegeben, hatte die strenge Schule der Zeichnung auch zu einer Erziehung und Festigung des künstlerischen Charakters geführt, wurden in der vorgenannten modernen Kunst diese Charakterwerte mit der Zeichnung selbst aufgegeben. Die Zeichnung war in der deutschen Kunst bis dahin auch immer der Faden einer lebentigen Tradition. Mit der Preisgabe der Zeichnung waren auch alle anderen an diese Tradition gebundenen Werte verloren gegangen, und die Kunst dieser Zeit wurde zu einem charakterlosen und unverständlichen Gestammel wie eine Sprache, die ihre Grammatik aufgegeben hatte. Die mit der politischen Erneuerungsbewegung einsetzende Selbstbesinnung und Gesundung der deutschen Kunst begann mit einer sehr bewussten Erneuerung der Zeichnung, mit einer Hinwendung der jungen Generation zur Zeichnung als Grundlage jeder Kunst deutschen Charakters. |