VERGESSENHEIT UND
 WIEDERENTDECKUNG

Trotz der Anerkennung, die Vermeer zu Lebzeiten in Delft genoss, geriet er sehr bald in Vergessenheit und war seit etwa 1700 bei den Malern wie bei den Theoretikern so gut wie unbekannt.

Daran änderte sich bis Ende des 18. Jahrhundert hindurch wenig. Die Gründe dafür sind vielfältig: Vermeer war kaum über die Landesgrenzen hinaus bekannt, zudem hinterliess er im Vergleich zu anderen Malern relativ wenig Bilder. Der Hauptgrund dürfte jedoch die veränderte Bildauffassung sein, die jener Vermeers fern stand: Die Historienmalerei beanspruchte weiterhin die Vorherrschaft innerhalb der Malerei, d.h., es wurde dem Inhalt und der Aussage der Bilder grosse Bedeutung zugesprochen.

Das vornehme Thema, grosse Taten oder Ereignisse aus der Geschichte und der Mythologie prägten die Bilder, die ästhetische Vermittlung wurde auf gesellschaftliche (Ideal-) Vorstellungen bezogen. In Opposition dazu entstand parallel eine Betonung des Malerischen im Bild, eine Präferenz für die persönliche Handschrift des Malers. Von beiden Perspektiven aus fanden die "einfachen" und auf den ersten Blick inhaltlosen "Genrebilder" Vermeers kaum Beachtung.

Im 19. Jahrhundert beginnt sich die Situation im Rahmen der Ausbildung des modernen Bürgertums (Biedermeier) zu ändern. Der Historismus arbeitet hermeneutisch an der Rekonstruktion geschichtlicher Umstände; in diesem Zusammenhang werden auch Bilder einer Analyse ihrer (oftmals verdeckter) Inhalte und Bedeutungen unterzogen.

Allerdings beginnt erst 1842 mit W. Buerger (Pseudonym von Th. Thoré) die Geschichte der Wertschätzung der "Malkunst" und der Forschung über Vermeer, bis sich sein Oeuvre heute mit 33 gesicherten Werken angeben lässt. Schliesslich wird 1860 "Die Malkunst" von G. Waagen dem Maler Vermeer zugeschrieben.